Die Pflanzenwelt des Naturparks „Zittauer Gebirge“
Das Zittauer Gebirge liegt im äußersten Osten Deutschlands und damit ziemlich genau im Zentrum Mitteleuropas. Die ausgleichende Wirkung der Wassermassen des Atlantiks und des Golfstroms auf das Klima macht sich hier nur noch abgeschwächt bemerkbar während der Einfluss der riesigen Landflächen Osteuropas und Asiens schon deutlich spürbar wird.
Das Zittauer Gebirge ist deshalb wie die gesamte Oberlausitz dadurch geprägt, dass es bereits im Übergangsbereich zur Pflanzenwelt Osteuropas liegt.
Man findet hier Arten die an eher kontinentale Verhältnisse mit trockenen, heißen Sommer und strengen Wintern angepassten sind in enger Nachbarschaft mit Pflanzen, die ihren Verbreitungsschwerpunkt in Westeuropa haben und daher weniger extreme Verhältnisse mit feuchten, nur mäßig warmen Sommern und milden Wintern bevorzugen.
Möglich wird dieses Nebeneinander von Arten mit unterschiedlichen Ansprüchen an das Klima vor allem dadurch, dass die Verhältnisse denen die Pflanze an ihrem Standort ausgesetzt ist durch verschiedene Einflüsse selbst bei direkt benachbarten Flächen stark voneinander abweichen können.
So mildert z.B. die länger andauernde Schneebedeckung in den höheren Lagen des Zittauer Gebirges die Temperaturgegensätze und es treten auch weniger ausgeprägte Dürreperioden auf. Gleiches gilt für Nordhänge und erst recht für das feuchte und kühle „Kellerklima“ welches in den Gründen herrscht, die die für den Naturpark so typischen Sandsteinfelsen durchziehen. Hier gedeihen deshalb besonders viele eher westlich verbreitete, (subatlantische) Arten wie z. B. der in schattigen feucht, kühlen Wäldern wachsende und an seinen verschiedengestaltigen Wedeln sowie den rippenartig schmalen Fiederblättchen leicht erkennbare Rippenfarn oder die im Gebiet hauptsächlich in den Wäldern des Gebirges vorkommenden Arten Weiße Pestwurz, Quirl-Weißwurz (siehe Bild unterhalb) und Buchenfarn.
Foto: Kay Sbrzesny
Auf Südhängen und Kuppen, wo der Schnee im Winter nicht lange liegen bleibt und der Boden im Sommer auch einmal stärker austrocknen kann sind dagegen besonders viele (subkontinentale) Arten zu finden deren Hauptverbreitungsgebiet im Osten liegt. Ein Beispiel dafür ist der durch den Farbkontrast zwischen den violett gefärbten Hochblättern und den gelben Blüten auffallende bunte Hain-Wachtelweizen. Sein Verbreitungsgebiet reicht von Sibirien im Osten bis nach Deutschland und Österreich im Westen wobei er in den westlichsten Teilen Deutschlands bereits fehlt.
Einige tiefer, liegende Teile des Naturparkes wie das Zittauer Becken sind gegenüber dem Gebirge wärmebegünstigt. Hier wachsen wärmeliebende Arten wie die der Wald-Erdbeere ähnliche Knack-Erdbeere und die Gewöhnliche Sichelmöhre. Auch der an seinen großen, blauen Blüten leicht erkennbare Wiesen-Storchschnabel, der im Naturpark vor allem auf Auenwiesen entlang der Neiße zu finden ist, gehört zu diesen wärmeliebenden Pflanzen.
Neben dem Klima sind es vor allem Bodeneigenschaften wie Bodenfeuchte, Nährstoffgehalt und Bodenreaktion sowie die Landnutzung durch den Menschen die für die Pflanzen entscheidenden Standortbedingungen. So sagen die am Waldboden wachsenden Pflanzenarten sehr viel über die jeweiligen Bodenverhältnisse aus und ändern sich oft schlagartig an der Stelle wo im Untergrund ein anderes Gestein ansteht und der daraus entstandene Boden damit andere Eigenschaften hat.
Da im Gebiet des Naturparks ein Flickenteppich der verschiedensten Gesteine von dessen bewegter geologischer Vergangenheit kündet, lässt sich das hier an vielen Stellen beobachten.
So werden die nährstoffarmen und sauren Böden, wie sie sich auf Sandstein entwickelt haben von den Heidekrautgewächsen Besenheide, Heidel- und Preiselbeere, dem Wiesen-Wachtelweizen, verschiedenen anspruchslosen Gräsern, Moosen und Flechten besiedelt.
Dort wo es etwas feuchter ist, wachsen die sich im Herbst ockergelb verfärbenden Horste des Pfeifengrases.
Wo zwischen den Sandsteinfelsen das Grundwasser wieder zu Tage tritt und sich in kleinen Quellrinnsalen und –bächen sammelt, entwickeln sich dichte Moospolster die hauptsächlich aus Torfmoosen und dem Gewöhnlichen Frauenhaarmoos bestehen.
An den Stellen wo magmatische Schmelzen in der Vergangenheit den Untergrund durchbrochen und Vorkommen der Gesteine Basalt und Phonolith hinterlassen haben sind die entstandenen Böden viel basen- und nährstoffreicher. Verglichen mit dem Sandstein enthalten sie einen deutlich höheren Gehalt an Stoffen wie Kalzium, Magnesium, Kalium und Phosphor. Hier gedeihen daher anspruchsvollere Arten wie der Waldmeister, die Zimt-Erdbeere, das Ausdauernde Bingelkraut, das Ährige Christophskraut, das Waldveilchen oder der sich im zeitigen Frühling mit rosa Blüten schmückende Seidelbast. Auch die Moosflora ist an exponierten Felsstandorten auf Basalt und Phonolith reichhaltig. Ein Beispiel hierfür wäre das Hedwigsmoos (siehe Bild unterhalb).
Foto: Kay Sbrzesny
An den wenigen Orten wo im Naturpark aus dem Untergrund basenreiches Grundwasser zu Tage tritt hat man auch die Chance, den seltenen Riesen-Schachtelhalm zu entdecken. Beim Anblick eines Bestandes diese größte einheimische Schachtelhalmart mit ihren bis zu 1,5 Meter hohen Sprossen fühlt man sich unweigerlich an längst vergangene Zeiten erinnert.
An vielen Stellen im Naturpark hat der Mensch in der Vergangenheit den Wald gerodet um Platz für Wiesen-, Weideflächen, Äcker und Siedlungen zu schaffen.
Die kleinteilige und sehr vielfältige Nutzung der Landschaft schuf dabei neue und oft sehr artenreiche Lebensräume die man im Naturpark zumindest auf Restflächen noch erleben kann.
So findet der Wanderer auch heute noch an einigen Stellen magere und blütenreiche Wiesen und Weiden mit den leuchtend karminroten Blüten der Heidenelke, dem Kleinen Klappertopf (siehe Bild unterhalb), der Wiesen-Glockenblume und der Wiesen-Margerite vor. Manche Arten wie die Stengellose Silberdistel mit ihren silbrigweißen, großen Blütenköpfen wären allerdings ohne die notwendige Pflege ihrer Standorte durch den Naturschutz schon vor vielen Jahren dem Nutzungswandel zum Opfer gefallen.
Foto: Kay Sbrzesny
Gleiches gilt für viele der die Bachauen begleitenden Feuchtwiesen. Im Frühling schmücken sich diese Flächen mit den schwefelgelben Blüten der Wald-Schlüsselblume und dem kräftigen Gelb der Sumpf-Dotterblume. Im Frühsommer blüht hier eine heimische Orchideenart, das selten gewordene Breitblättrige Knabenkraut und im Hochsommer ergeben die verschiedenen Grün- und Brauntöne der Seggen, Binsen und Simsen zusammen mit der bunten Farbpallette der Blüten von weiteren feuchtigkeitsliebenden Pflanzen wie Sumpf-Hornklee, Blutweiderich, Mädesüß und Gilbweiderich ein farbenfrohes Bild.
Nur noch selten trifft dies dagegen für Feldränder zu, wenn hier noch Arten wie Klatschmohn, Kornblume und Kamille wachsen.